Immunsystem

Immunsystem und Ernährung: Neue Erkenntnisse aus der Forschung

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Dunja Rieber

Im Hinblick auf die kalte Jahreszeit wird unser Immunsystem auf eine harte Probe gestellt. Um gesund zu bleiben, benötigen unsere Immunzellen u. a. die richtige Ernährung und wichtige Mikronährstoffe. Welche Vitamine und Spurenelemente wichtig sind, welche neuen Erkenntnisse es in Bezug auf eine immungesunde Ernährung gibt und wie Sie Ihre Abwehrkräfte optimal stärken können – hier lesen Sie die wichtigsten Fakten. 

Immunsystem stärken – aber wie?

Die gute Nachricht gleich vorweg: Ein starkes Immunsystem ist in der Lage sich gegen viele Eindringlinge zu wehren. Läuft alles optimal, sorgt unsere Abwehr dafür, dass Störenfriede gar nicht erst in den Körper gelangen und sich vermehren können. Doch schlechter Schlaf, Stress, Medikamenteneinnahme, aber vor allem auch eine ungesunde Ernährung und ein unausgewogener Mikronährstoffhaushalt können unsere Abwehr schwächen.

Mikronährstoffe, die das Immunsystem unterstützen

Jahrzehntelang haben wir geglaubt, dass allein Vitamin C und Zink DIE Lösung für ein abwehrstarkes Immunsystem sind. Das ist widerlegt. Zu den Vitaminen und Spurenelemente, die das Immunsystem unterstützen, zählen neben Vitamin C und Zink, auch Vitamin A, Vitamin D, Folsäure, Vitamin B6, Vitamin B12, Eisen, Selen und Kupfer. Die Abläufe im Immunsystem sind komplex. Eine breite Basis an Vitaminen und Spurenelementen ist daher wichtig. Isolierte Nährstoffe können zu Ungleichgewichten führen und zudem unterstützen und ergänzen sich Vitamine und Spurenelemente – wie kleine Räder in einem fein eingestellten Uhrenwerk.

Wichtig: Nur wenn Sie dauerhaft abwechslungsreich essen und gut mit allen notwendigen Mikronährstoffen versorgt sind, hat Ihr Immunsystem bestmögliche Voraussetzungen, um sich gegen Eindringlinge zu wehren.

Immunstärkend essen – so geht’s

Für eine immunstärkende Ernährung kommt es vor allem auf Natürlichkeit und Vielfalt an – das sind wichtige Erkenntnisse aktueller Ernährungsforschung. Bonner Forscher nahmen unter die Lupe wie eine typische deutsche Durchschnittskost sich auf unser Immunsystem auswirkt: Die Mischung aus vielen schlechten Fetten, viel Zucker, wenig Ballaststoffen und allgemein wenig mikronährstoffreichen Lebensmitteln „verwirrt“ unser Abwehrsystem regelrecht und führt zu Entzündungsreaktionen ähnlich einer bakteriellen Infektion – ganz davon abgesehen, dass sie unserem Immunsystem nicht die Mikronährstoffe bietet, die es benötigt. Das Problem dabei: Ist unsere Abwehr dauerhaft mit Entzündungen beschäftigt, fehlen freie Kapazitäten für andere Baustellen.

Denn auch unsere allgemeine Gesundheit beeinflusst wie gut unser Immunsystem mit Eindringlingen fertig wird. Schon länger ist bekannt, dass Übergewicht, Herz-Kreislauferkrankungen, etc. unsere Abwehr schwächen. Dr. Fiona Godlee, Ärztin und Chefredakteurin des renommierten British Medical Journal weist deshalb in einem Editorial auf die Wichtigkeit einer gesunden Ernährung hin: Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte sollten verstärkt verzehrt werden, verarbeitete Lebensmittel und Fleisch minimiert werden.

Eine weitere aktuelle Studie bestätigt die dramatischen Folgen einer Fehlernährung für unser Immunsystem: Eine salzreiche Kost (die der typischen Durchschnittskost entspricht) greift ebenfalls massiv in das Abwehrgeschehen ein. Übermäßiger Salzkonsum ließ Infektionen schwerer verlaufen und schwächte bestimmte Immunzellen. Bei salzarmer Ernährung wurden die Immunzellen deutlich besser mit Eindringlingen fertig uns es ließen sich weniger Keime nachweisen. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt den täglichen Salzverzehr auf maximal fünf Gramm am Tag zu beschränken. In Deutschland kommen wir jedoch im Schnitt auf mehr: Frauen verzehren etwa 8 Gramm, Männer zehn Gramm am Tag.

Die Abwehr klug & optimal stärken

Wenn wir täglich die richtigen Entscheidungen für unseren Speiseplan wählen, kommt das unserem Immunsystem zugute. Unsere Tipps:

  • Fachgesellschaften empfehlen mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag. Sie liefern uns nicht nur Mikronährstoffe, sondern auch sekundäre Pflanzenstoffe. Beta-Carotin, das im Körper zu Vitamin A umgewandelt wird, finden wir zum Beispiel in rotem, gelbem und orangefarbenem Gemüse und Obst wie Kürbis, Orangen und Möhren. Vitamin A unterstützt gesunde Schleimhäute, die erste wichtige Abwehrbarriere unseres Immunsystems. Schafft es die Abwehr bereits hier, Eindringlinge abzuwehren, haben sie gar nicht erst die Chance, sich im Körper zu vermehren.

  • Ein Teil des verzehrten Obstes und Gemüses sollte roh verzehrt werden als Salat oder Rohkost. Nicht wenige Vitamine reagieren hitzeempfindlich. Daher ist nicht erhitzte Frischkost für uns eine wichtige Vitaminquelle.

  • Breite Basis an Mikronährstoffen: Reduzieren Sie Ihr Immunsystem nicht auf Vitamin C und Zink. Immunzellen „arbeiten“ komplexer als viele meinen und sind auf alle der insgesamt zehn immununterstützenden Mikronährstoffe angewiesen. Beinahe jeder Schritt benötigt Mikronährstoffe, die sich zudem gegenseitig ergänzen. Achten Sie deshalb auf eine breite Basis an Mikronährstoffen und heben Sie Ihr Mikronährstoffniveau möglichst breit an, um Ungleichgewichte zu vermeiden.

  • Kein Lebensmittel allein liefert alle notwendigen Mikronährstoffe. Ernährungsexperten empfehlen 25 verschiedene Gemüse- und Obstsorten pro Woche zu essen, um in den Genuss möglichst vieler wichtiger Stoffe zu kommen. Sogenannte Superfoods sind daher ab und an eine gute Ergänzung – Basis für gute Abwehrkräfte ist aber eine vielfältige Ernährung.

  • Gegarte Gemüsegerichte wärmen von innen, was in der kalten Jahreszeit guttut. Verwenden Sie jetzt möglichst regionale Gemüsesorten wie Sellerie, Rosenkohl, Rote Beete, Kürbisse aller Art, Brokkoli und Spitzkohl, die durch kurze Transportwege und Lagerzeiten noch mikronährstoffreich sind. Bei Paprika, Tomaten & Co, die weite Wege zurücklegen, bleibt oft nicht mehr viel übrig an Vitaminen. Achten Sie möglichst auch auf Bio-Anbau. Untersuchungen zeigen, dass Bio-Gemüse mehr sekundäre Pflanzenstoffe enthält.

  • Reichern Sie Ihre Speisen clever an mit wertvollen Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer. Die Scharfstoffe darin gelten als antibakteriell.

  • Statt mit Salz würzen Sie lieber mit frischen Kräutern, denn zu viel Salz schwächt die Abwehr. Auch in kleinen Mengen bereichern sie unseren Speiseplan außerdem um wertvolle Vitamine und Spurenelemente. Hier zeigen wir Ihnen 7 gesunde Salz-Alternativen.

  • Ballaststoffe dienen u. a. unseren guten Darm-Bakterien als Nahrung. Da sich die meisten Immunzellen im Darm befinden, bestimmt eine gesunde Darmflora unser Immunsystem mit. Essen Sie zu jeder Mahlzeit eine Ballaststoffquelle, etwa Vollkornprodukte wie Vollkornbrot, Buchweizen, Linsen, Bohnen, Graupen, Vollkorn-Couscous oder Haferflocken. Auch Gemüse liefert Ballaststoffe. Kohl, Möhren und Chicorèe sind besonders reich an den Faserstoffen. Resistente Stärke, die beim Abkühlen von Kartoffeln und Pasta entsteht, ist ebenfalls eine gute Ballaststoffquelle, genau wie Leinsamen, Nüsse und Kerne.

  • Eisenreiche Lebensmittel: Laut Nationaler Verzehrsstudie II sollten gerade Frauen darauf achten, ausreichend eisenreiche Lebensmittel zu essen. Auch Eisen unterstützt das Immunsystem. Es steckt neben Nüssen, Kernen, Hülsenfrüchten und Vollkorn auch in Erbsen, Kohl, Spinat und Schwarzwurzeln. Essen wir dazu etwas Vitamin C-reiches Gemüse, Kräuter oder Obst, steigert das die Eisenverwertung – das ist nur ein Beispiel wie Mikronährstoffe sich benötigen und gegenseitig ergänzen. Auf Kaffee und schwarzen Tee sollte während und kurz nach dem Essen allerdings verzichtet werden, da dies die Eisenaufnahme hemmt.

  • Vitamin D: In der sonnenarmen Jahreszeit ist es unserem Körper nicht möglich, Vitamin D (das eigentlich ein Hormon ist) selber in der Haut zu bilden. Unsere Vitamin D-Spiegel sinken auf den Tiefstand. Da Vitamin D an der Immunfunktion beteiligt ist, sollten wir gerade dann auf gute Vitamin D-Lieferanten in unserer Ernährung achten. Wie Sie auch im Winter an das Sonnenvitamin kommen, lesen Sie in diesem Artikel.

  • Grünes Blattgemüse, Nüsse und Vollkorn versorgen uns mit Vitamin B6 und Folsäure – zwei noch eher unbekannte, und daher zu Unrecht unterschätzte Vitamine für unsere Abwehr.

  • Besser weglassen: Zucker, Fertigkost, Salz sollten Sie minimieren. Tierische Lebensmittel am besten reduzieren und auf beste Qualität und Herunft achten. Erst kürzlich belegte eine Untersuchung erneut, wie der Austausch von tierischen Proteinen durch pflanzliche Eiweiße unsere Sterberate verringern kann. Bewiesen ist auch, dass Alkohol und Nikotin die Abwehr schwächen.

Für unser Immunsystem gilt also, sich abwechslungsreich, möglichst natürlich und nicht zu einseitig zu ernähren. So stehen die Chancen gut, dass wir mit bestmöglichen Voraussetzungen durch diesen Herbst und Winter kommen. Daneben lässt sich mit einer gesunden Ernährung auch weiteren Risikofaktoren wie Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen vorbeugen. Also setzen Sie auf Vielfalt. Und bleiben Sie gesund!

Quelle

Quellen

Fiona Godlee. 2020. What we eat matters all the more now. BMJ.

Katarzyna Jobin et al. 2020. A high-salt diet compromises antibacterial neutrophil responses through hormonal perturbation, Science Translational Medicine.

Huang et al. 2020. Association Between Plant and Animal Protein Intake and Overall and Cause-Specific Mortality. JAMA Intern Med.

Christ et al. 2018. Western Diet Triggers NLRP3-Dependent Innate Immune Reprogramming. Cell.

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