Immunsystem

Darmeigenes Immunsystem: Abwehr aus dem Bauch heraus

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Lisa Hamsch

Darm und Immunsystem: Passt das zusammen? Und wie. Denn wenn das Immunsystem schwächelt, hat auch der Darm seinen Anteil daran. Wieso das so ist und welche Rolle der Darm für ein starkes Immunsystem spielt, erfahren Sie hier.  

Der Darm – mehr als ein Verdauungsorgan

Der Darm als größtes Organ unseres Körpers hat in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler erregt – und das zurecht. Jahrelang wurde angenommen, dass er lediglich für die Verdauung unserer Nahrung und die Aufnahme von Nährstoffen zuständig sei. Doch die Ergebnisse der Forschung sind mächtig. Der Darm bildet das Zentrum unserer Gesundheit. Neben der Verdauung kommuniziert er über die Darm-Hirn-Achse mit unserem Gehirn und hat hier eindeutig das Sagen. Er bestimmt sogar mit über unseren Hunger, unsere Stimmung und noch viel wichtiger: der Darm hat auch bei der Immunabwehr seine Finger im Spiel. Denn er hat ein eigenes Immunsystem – rund 70 Prozent der Immunzellen sind in der Darmschleimhaut lokalisiert.

Der Darm und sein Immunsystem: GALT

Das darmassoziiertes lymphatische Gewebe (GALT, engl. für „gut-associated lymphoid tissue“) beschreibt das darmassoziierte Immunsystem. Dieses sitzt in der Darmwand und stellt die größte Ansammlung von Immunzellen im Körper dar: Rund 70 Prozent der Abwehrzellen sitzen hier. Ihre Aufgabe ist es, Krankheitserreger und unerwünschte, körperfremde Stoff abzuwehren. Gleichzeitig muss das GALT körpereigene Zellen, Nährstoffe und die Bakterien der normalen Darmflora erkennen und tolerieren. Es muss also zwischen „gut“ und „böse“ entscheiden.

Die Immunzellen werden in den sogenannten Peyer-Plaques, also kleinen Lymphknoten, gespeichert. Sie kommunizieren mit dem restlichen Immunsystem über das Blut- und Lymphsystem und geben so Informationen zu den Krankheitserregern an alle anderen Abwehrzentren des Körpers weiter. Der Darm nimmt also Einfluss auf die gesamte körpereigene Abwehr.

Abwehrstütze Dünndarmschleimhaut

Doch nicht nur das GALT allein ist für die körpereigne Abwehr wichtig. Auch die Darmschleimhaut des Dünndarms ist Bestandteil der Abwehrzentrale Darm. Neben den Zellen, die für die Nährstoffaufnahme dienen, besteht die Schleimhaut des Dünndarms auch aus weiteren Zellen, die die Eindringlinge abwehren: Dazu zählen unter anderem die Paneth- und die M-Zellen. Die Paneth-Zellen reagieren auf Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten, indem sie bei Kontakt bestimmte Stoffe abgeben, die diese bekämpfen. Die M-Zellen sind hingegen in der Lage, die Erreger aufzunehmen und zu den speziellen Abwehrzellen zu transportieren und so das Immunsystem zu unterstützen.

Alle guten Dinge sind drei: Darmflora

Doch der Darm wäre nicht das Zentrum unserer Abwehr, wenn er nicht noch ein weiteres Ass im Ärmel hätte: unsere Darmflora. In unserem Dickdarm leben Billionen von Mikroorgansimen im Optimalfall friedlich miteinander im Einklang und bilden unsere Darmflora. Sie besteht auch aus „guten“ und aus „bösen“ Bakterien. Das ist alles kein Problem, solange die „nützlichen“ die Oberhand behalten. Denn diese arbeiten kräftig bei der Abwehr von Krankheitserregern mit:

  • Zum einen konkurrieren die nützlichen Darmbakterien mit Krankheitserregern um „Futter“ und zum anderen verbrauchen sie den Sauerstoff, den viele krankmachende Bakterien benötigen. Dadurch verhindern sie, dass sich krankmachende Keime ausbreiten und die Oberhand im Darm gewinnen (Kolonisationsresistenz).
  • Die Darmbakterien zerlegen unverdauliche Nahrungsbestandteile (Ballaststoffe), wodurch kurzkettige Fettsäuren entstehen. Diese stärken die Zellen des Dickdarms und haben so eine schützende Wirkung auf die Darmwand.
  • Die „guten“ Bakterien Laktobazillen und Bifidobakterien produzieren Milchsäure. Dadurch wird der pH-Wert im Darm gesenkt und ein saures, darmfreundliches Milieu entsteht. Körperfremde Mikroorganismen fühlen sich darin gar nicht wohl und werden in ihrem Wachstum eingeschränkt.
  • Training fürs Immunsystem: Unsere Darmbakterien stimulieren rund um die Uhr unser Immunsystem und halten es so auf Trab. Nur so wird das Immunsystem darauf trainiert, zwischen körpereigen und körperfremd zu unterscheiden. Wäre unser Immunsystem dazu nicht in der Lage, greift unsere Abwehr körpereigene Substanzen an oder sieht eigentlich harmlose Nahrungsbestandteile als Feind. Allergien und Autoimmunerkrankungen haben so freie Bahn.

Diese drei Barrieren des Darms (Darmassoziiertes Immunsystem, Darmschleimhaut und Darmflora) bilden die größte Abwehrzentrale unseres Körpers und entscheiden über die Stärke der Immunantwort. Es liegt also nahe, die Abwehrkräfte „aus dem Bauch heraus“ zu stärken.

Immunsystem aus dem Bauch heraus stärken: Darauf kommt es an

Für die körpereigene Abwehr gilt es, die Darmflora im Gleichgewicht zu halten und die Darmbarrieren zu stärken. Durch unseren heutigen Lebensstil (verarbeitete Lebensmittel, viel Stress, einseitige Ernährung) fördern wir jedoch nicht gerade das Wachstum der „guten“ Bakterien. Umso mehr sollten wir diese richtig füttern.

Pflanzliche Lebensmittel:

Ballaststoffe bilden die Nahrungsquelle unserer Darmbakterien. Dies sind unverdauliche Bestandteile aus unserer Nahrung, die wir im Magen und Dünndarm nicht verwerten können und somit unverdaut in den Dickdarm gelangen. Dort dienen sie schließlich unseren Bakterien als Futter. Da sich Ballaststoffe ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln befinden, tun Sie Ihren Darmbakterien gutes, wenn Sie den Anteil pflanzlicher Produkte in Ihrer Ernährung zu erhöhen.

Empfohlen werden mindestens 30 Gramm Ballaststoffe täglich. Besonders vorteilhaft und reich an Ballaststoffen sind Hülsenfrüchte, Vollkornprodukten, Haferflocken, Chicorée, Lauch, Topinambur, Schwarzwurzeln und Pastinaken.

Hier erfahren Sie alles zum Lebensmittel Topinambur

Abwechslung:

Doch mit diesen ist es lange nicht getan. Die Basis einer darmfreundlichen Ernährung liegt in einer möglichst abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung. Unsere Darmflora besteht aus Tausenden von verschiedenen Bakterienstämmen, die alle etwas anderes verdauen. Ist die Ernährung nun sehr einseitig, liefern wir unserem Darm immer die gleichen Nährstoffe und füttern nicht alle Stämme. Folglich sinkt die Bakterienvielfalt im Darm, die für das Immunsystem und unsere Gesundheit so wichtig ist. Setzen Sie daher auf die Vielfalt unserer (pflanzlichen) Lebensmittel und ernähren Sie sich so abwechslungsreich wie nur möglich.

Als goldene Regel gilt: Mindestens 25 verschiedene pflanzliche Lebensmittel pro Woche zu essen.

Wie Sie diesen Richtwert erreichen und wie Sie an einem Tag schon 25 Lebensmittel essen, lesen Sie hier.

Probiotische Lebensmittel:

Eine Möglichkeit, den Anteil an guten Milchsäurebakterien zu erhöhen, ist es diese über die Nahrung zuzuführen. Probiotische Lebensmittel enthalten große Mengen lebender Mikroorganismen, die zum Beispiel bei der Milchsäurefermentation entstehen. Durch Fermentation wurden seit Jahrtausenden Lebensmittel haltbar gemacht. Integrieren Sie fermentierte Produkte, wie Sauerkraut, Tempeh oder Kimchi und Sauermilchprodukte, wie Joghurt und Kefir regelmäßig in Ihren Speiseplan.

Info-Box

Das schwächt unsere Darmflora

  • Stress
  • Antibiotika
  • Alkohol und Rauchen
  • Bewegungsmangel
  • fett- und zuckerreiche Ernährung
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