Ernährung

Macht Weizen wirklich krank? Was uns der Verzicht auf das Getreide bringt

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Dunja Rieber

Den Weizen weglassen - diesem Rat folgen immer mehr Menschen und verbannen das Getreide. Doch wie sinnvoll ist das? Alles was Sie über Weizen wissen müssen. 

Vielen geht es ohne Weizen besser. Denn immer mehr Menschen zwickt nach Baguette, Pizza oder Brot der Bauch. Oft ohne, dass sie an einer Weizenallergie oder Zöliakie leiden. Mit dieser neuen Unverträglichkeit befassen sich Forscher weltweit. Und einige von ihnen kommen zu der Erkenntnis, dass Weizen krank und dick macht – und wir womöglich alle besser auf Weizen verzichten sollten.

„Weizen macht krank und dick.“ (Dr. med. William Davis)

Nicht mehr in aller Munde ist das Getreide spätestens seit dem Bestseller des US-Autors Dr. William Davis, der behauptet, Weizen mache nicht nur den Darm, sondern den ganzen Körper krank. Die Botschaft kommt an und immer mehr Menschen verzichten freiwillig auf das Korn. Auch „glutenfrei“ ist mittlerweile zu einem regelrechten Ernährungstrend geworden. Doch wie gefährlich ist Weizen wirklich und wem schadet das Getreide? Es gibt einige neue Entdeckungen im Korn, die in Magen und Darm rumoren können. Denn das Gluten, wie man lange dachte, ist seltener das Problem.

5 Weizen-Fragen im Faktencheck

1. Wem schadet Weizen?

Es gibt definitiv Krankheitsbilder, die einen Zusammenhang mit Weizen aufweisen. Regelrecht gefährlich ist der Verzehr von Weizen für Patienten mit Zöliakie oder Weizenallergie. Etwa 0,1 Prozent aller Menschen hierzulande leiden an einer Allergie gegen Weizen mit Symptomen von Magen-Darm-Beschwerden bis Atemnot. Ebenfalls etwa einer von 1.000 Menschen leidet an Zöliakie, eine Autoimmunerkrankung, die auf einer lebenslangen Unverträglichkeit gegen das Klebereiweiß Gluten beruht. Das Protein verursacht starke Entzündungen der Darmschleimhaut.

Doch was, wenn Menschen den Weizen nicht vertragen, aber weder an Zöliakie noch an einer Allergie leiden? In diesen Fällen könnte es sich um eine Weizensensitivität handeln. Doch das Gluten (ein Eiweiß im Weizen) ist nicht immer die Ursache für die Beschwerden. Aktuell im Fokus der Forschung: Bestimmte Stoffe im Korn, die Amylase-Trypsin-Inhibitoren – kurz ATIs, reizen die Darmschleimhaut. Die Weizensensitivität ist noch nicht vollständig erforscht, doch anscheinend reagieren einige Menschen empfindlicher auf die ATIs. Dies kann zu einer Verschlechterung von Erkrankungen innerhalb des Darms, aber auch außerhalb des Darms (möglicherweise Rheuma, multiple Sklerose, Diabetes-Typ-2) führen. Es ist noch nicht bekannt, warum der Körper mit Abwehr auf die ATIs reagiert, doch den Menschen mit Weizensensitivität geht es ohne das Korn besser. Auch bestimmte FODMAPS oder Lektine im Weizen – die Weizenkeim-Agglutinine – könnten bei der Weizensensitivität eine Rolle spielen. Die Zahl der Betroffenen wird auf 5 bis 15 Prozent geschätzt. Ein bereits gereizter Darm scheint die Empfindlichkeit zu steigern: 30 bis 50 Prozent der Reizdarm-Patienten können von der Weizensensitivität betroffen sein.

Weizenkrankheiten im Überblick:

  • Weizensensitivität: Hierbei handelt es sich um eine Unverträglichkeit gegen Inhaltsstoffe des Weizens wie Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI). Nach dem Verzehr von Weizen, leiden Betroffene unter Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, aber auch Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Muskelschmerzen sind möglich. Einen Test zur eindeutigen Diagnose gibt es noch nicht. Sie erfolgt durch Ausschlussverfahren, wenn Zöliakie und Weizenallergie ausgeschlossen werden können.
  • Zöliakie: Sie ist eine angeborene Erkrankung. Nach dem Verzehr von Gluten kommt es zu starken Durchfällen und Schmerzen. Ohne konsequent glutenfreie Ernährung kommt es mit der Zeit zur Rückbildung der Darmzotten – die Aufnahme von Nährstoffen und Vitaminen geht zurück. Schwere Mangelerscheinungen sind die Folge, weshalb Betroffene Gluten strikt meiden müssen. Die Diagnose erfolgt durch eine Dünndarm-Biopsie.
  • Weizenallergie: Bei dieser allergischen Reaktion reagiert unser Immunsystem auf die Bestandteile Albumin und Gluten, die sich im Weizenkorn befinden. Nach dem Genuss kommt es zu Magen-Darm-Beschwerden. Selbst das Einatmen von Mehlstaub kann Probleme bereiten und zu Hautausschlägen und Asthma führen. Weizen und andere glutenhaltige Getreide müssen gemieden werden. Die Diagnose erfolgt durch einen Haut-Allergietest.
  • WDEIA: Die Weizen abhängige anstrengungsindizierte Anaphylaxie ist eine allergische Reaktion auf Omega-5-Gliadin, die nur im Zusammenhang mit körperlicher Aktivität auftritt. Etwa zwei Stunden nach dem Essen kommt es bei Anstrengung durch Sport oder Radfahren zu Darm- oder Atembeschwerden und/oder Hautausschlag. Weizen und Dinkel müssen gemieden werden, manchmal auch Roggen und Gerste. Diagnose: Durch Führen eines Ernährungstagebuchs sowie eines Allergietests.

2. Macht Weizen dick?

Es kommt auf die Qualität und Menge des Weizens an. Essen wir viel helles Brot, Pizzateig, Nudeln und Backwaren, belastet das Körper und Stoffwechsel. Wer sich etwas Gutes tun möchte, sollte Kohlenhydrate in Maßen essen und in möglichst vollwertiger Form. Hülsenfrüchte wie Linsen und Bohnen, Vollkornbrot, Vollkornnudeln sind – sofern sie gut vertragen werden – Teil einer ausgewogenen Ernährung und liefern Vitamine und Spurenelemente und die Ballaststoffe darin sind Futter für unsere guten Darmbakterien.

Der Gewichtsverlust durch das Weglassen von Weizen hat meist einen einfachen Grund: Es fallen helle Backwaren, weißes Auszugsmehl und dadurch auch viele Fertigprodukte und Süßwaren weg. Das Abnehmen fällt leichter und führt oft auch zu einer Verbesserung der Beschwerden bei Rheuma, Insulinresistenz und hohen Blutfetten.

3. Brot vertrage ich schlecht – woran kann das liegen?

Heute findet leider kaum noch eine natürliche Fermentierung bei der Teigherstellung statt. Schnelles Industriebrot wird in Rekordzeit verarbeitet – künstliche Zusätze beschleunigen das „Gehen“ des Teiges. Doch nur wenn der Teig ausreichend lange „gehen“ darf, werden dabei die Bestandteile im Getreide bekömmlicher. Wissenschaftler der Universität Hohenheim fanden heraus: Je länger, desto bekömmlicher. Schon nach fünf Stunden Gehzeit war das Brot deutlich bekömmlicher, möglich sind aber auch Gehzeiten von 12 bis sogar 18 Stunden.

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4. Sind glutenfreie Produkte gesünder?

Gluten ist ein Eiweiß im Korn, das Teige elastisch macht. Mediziner dachten lange, dass es dieser Bestandteil im Weizen ist, der von so vielen schlecht vertragen wird.

Der Verdacht zog einen regelrechten Boom auf glutenfreie Produkte nach sich. Doch man muss unterscheiden: Für all diejenigen, die unter einer Weizenallergie bzw. Zöliakie leiden, ist eine glutenfreie Ernährung tatsächlich lebenswichtig. Bei der Weizensensitivität ist nicht unbedingt das Gluten der Auslöser. Oft sind es andere Stoffe im Getreide (u. a. die ATIs, siehe oben), die die Beschwerden auslösen.

Wer nicht unbedingt auf Gluten verzichten muss, sollte es auch nicht tun. Forscher fanden heraus: Wer unnötig Weizen, Roggen und Dinkel weglässt, um das darin enthaltene Gluten zu meiden, kann damit Herz und Gesundheit belasten. Der Grund: Wer Vollkorn meidet, nimmt oft weniger gesunde Ballaststoffe und weniger B-Vitamine auf, vermuten die Forscher. Quelle: Lebwohl et al., BMJ, 2017).

Und auch wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen Gluten meiden müssen, sind spezielle glutenfreie Produkte nicht immer die beste Wahl. Speziallebensmittel sind nicht nur teuer, oft werden sie mit vielerlei künstlichen Hilfsmitteln, Stärke, Zucker und Salz gestreckt. Besser: Möglichst oft natürliche glutenfreie Alternativen wie Buchweizen oder Hirse verwenden, die auch reichlich Ballaststoffe liefern.

5. Besser als Weizen – welche Alternativen gibt es?

In Vollkorn-Getreide stecken alle Bestandteile des Korns und viele Nährstoffe, wie Proteine, B-Vitamine und Mineralien sowie Ballaststoffe. Bevorzugen Sie beim Einkauf von Getreide die vollwertige Form möglichst aus biologischem Anbau. Ob wegen einer Unverträglichkeit oder um mehr Abwechslung auf den Speiseplan zu bringen: Es gibt einige gute Alternativem zum Weizenkorn. Hier kommt eine Auswahl – mit und ohne Gluten.

Glutenhaltige Getreide:

  • Dinkel: Der verwandte des Weizens ist eines unserer ältesten Getreide. Dinkel gilt als noch gesünder als Weizen. Denn die nussigen Körner enthalten nicht nur mehr, sondern auch höherwertiges Eiweiß. Damit lässt sich genauso backen wie mit Weizen und Dinkel liefert neben reichlich B-Vitaminen auch viel Magnesium und Zink.
  • Einkorn: Seine goldgelbe Farbe deutet auf seinen hohen Gehalt an Carotinoiden hin. Einkorn zählt zu den Urgetreide-Sorten.
  • Emmer: Emmer ist ebenfalls ein Urgetreide, das sich wegen seiner festen Hülle gut für den Bio-Anbau eignet. Neben gesunden Ballaststoffen stecken darin auch viel Magnesium, Zink und Eisen.

Glutenfreie Getreide:

  • Buchweizen: Gibt es auch als Bulgur und Pasta sowie gemahlen z. B. für Pfannkuchen. Das Knöterichgewächs ist ein guter Lieferant für Eiweiß und Magnesium.
  • Reiner Hafer: Wird auch bei Zöliakie gut vertragen und wird als „glutenfrei“ gekennzeichnet. Nicht deklarierte Produkte können einen kleinen Anteil an Weizen, Roggen oder Dinkel enthalten. Diese „Verunreinigung“ beginnt schon auf dem Feld. Glutenfreier Hafer wird separat angebaut und verarbeitet.
  • Hirse: Enthält rund 11 Prozent gesundes Eiweiß, ist glutenfrei und liefert daneben auch Vitamine und Eisen.
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